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Ein Hauch von Thymian. Typisch korsisch!

Korsika_kk

Man erkenne seine Insel schon an ihrem Wohlgeruch, schwärmte Kaiser Napoléon I., der bekannteste Korse, 1769 als Nabulione Bounaparte in Ajaccio geboren. Tatsächlich schwängern die wilde immergrüne Macchia und die herrlichen Aromen von Thymian, Rosmarin, Basilikum, Majoran, Minze und Myrte, Lorbeer und Wacholder die korsische Luft mit einem unvergleichlich-betörenden Duft und hauchen allen Gerichten eine einzigartige Geschmacksnote ein.

Des Kaisers Liebe zum Brathuhn

Des Imperators Lieblingsgericht - am Spieß über Holzkohle gegrilltes Federvieh, das später als Hühnchen Marengo in die Kochbücher einging  - musste der Koch immer frisch zubereitet zur Verfügung halten, auch im Feldlager. Da Napoleon nur kurze Nachtruhen pflegte, darf man vermuten, dass er auch zu nächtlicher Stunde einem Huhn den Garaus machte. Seinem Magen ist das unregelmäßige Essen (und vermutlich auch die gesundheitsschädigenden Benzpyrene, die entstehen können, wenn Bratfett in Holzkohlenfeuer spritzt) allerdings gar nicht bekommen. Um seinen Tod im Jahre 1821 auf der britischen Insel St. Helena ranken sich noch heute Legenden und Verschwörungstheorien.

Hühnchen Marengo
Klassisch: Keulen und Brustteile (auf den Knochen) herzhaft mit Paprika, Pfeffer, Meersalz würzen, in Pflanzenöl scharf anbraten, mit Zwiebeln, klein geschnittenen Fleischtomaten, Tomatenmark, Lorbeerblatt und Rotwein schmoren lassen, bis das Fleisch sich vom Knochen löst. Frische Pilze in Olivenöl rösten, mit Rosmarinnadeln und Thymian würzen, dem Hühnchenragout einverleiben. Dazu Landbrot.
Raffiniert: Knoblaucholiven, Garnelen, Flusskrebse oder Perlzwiebeln mitschmoren, mit Cognac abschmecken. Der große Escoffier verwendete weiße Trüffeln

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Die Insel der Schönheit, der wilden Schweine und Kastanien

Korsika, die wilde Schöne, überrascht! Von einem Mittelmeereiland erwartet man keine grünen Kastanienwälder, saftige Almwiesen, uralte himmelragende Schwarzkiefern, Bergseen, Wasserfälle und Lagunen und die Farbenpracht von über 2000 Pflanzenarten. 230 Sonnentage im Jahr und markante Winde machen Korsika auch zu einem Paradies für Outdoor-Aktivisten und Wassersportler, die an Bilderbuch-Stränden ankern und (fast) überall einen Platz finden, wo sie mit sich und der stolzen Seele Korsikas alleine sind.

Eigenwillig wie die Landschaften sind ihre Bewohner. Franzosen nur auf dem Papier, ist das italienische Festland der korsischen Mentalität näher. Charakterköpfe trifft man, Originale knorrig wie eine Eiche. Waren nicht auch Asterix, Obelix & Idefix hier? Die Schotten des Mittelmeers, nur überhaupt nicht geizig, dafür urwüchsig, rebellisch und eigensinnig. "Hè un corsu" ist das größte Kompliment, und "Benvinutu" (Willkommen!) geht ihnen leicht von den Lippen. Man vergisst beinahe, dass es vor gar nicht so langer Zeit noch die Vindetta gab (oder noch gibt??)

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Schlemmen wie Gott auf Korsika

So viele liebenswerte Eigenschaften schlagen sich auch in der Küche nieder. Wie die Franzosen auf dem Kontinent legen die Korsen großes Gewicht auf gutes Essen. Vom Mutterland schaute man ab, italienische Küchen-Reminiszenzen nisteten sich ein, doch im Charakter blieb man ländlich, maritim, authentisch, ehrlich. Herzhafte Genüsse vom Land und aus dem Meer dominieren den Speisezettel, wildwachsende Kräuter und pikante Gewürze von ausgeprägter Schärfe. Fleisch kommt aus natürlicher Aufzucht oder von halbwilden, frei herumlaufenden Schweinen, die sich von Eicheln und Kastanien ernähren. Wildschweine und Hasen bevölkern die Wälder.

Les saussisons secs corses - unübertroffen!

Korsikas Wurst- und Fleischwaren sind charakteristisch für die Insel, weil sie einen Gutteil ihrer besten Ingredienzien in sich vereinen und sich wilder Zutaten bedienen: Die korsische Blutwurst Sanguin bezieht ihren würzigen Geschmack von den freilaufenden schwarzen Schweinen und von urwüchsigen Gebirgskräutern. Bei einer Wildschweinsalami kommt man ins Träumen. Die Figatellu (Leberwurst), die Coppa (kalter Rollbraten), der zarte Prisutu-Schinken, die gegrillte Panzetta (durchwachsener Speck), der Lonzo (Lachschinken), der Caprettu (luftgetrockneter Schinken von der Ziege) und der Agnellu (vom Schaf) bilden die Basis der Assiette de charcuterie, beliebtes Entree bei einem bodenständigen Mahl.

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Keine nouvelle cuisine, sondern zupackendes Leben!

Leber- und Bratwürste reicht man gebraten mit weißen Bohnen, das allgegenwärtige Wildschwein (Cignale) als Eintopf oder vom Spieß, Lamm (Agnellu) und Zicklein (Zichinu) gegrillt oder geschmort, Frischlinge (Marcassin) und Wildkaninchen aus dem Backofen, dazu geschmorte Tauben, Rebhühner und Amseln, Kutteln in vielen Varianten. Amselpastete mit Myrtenbeeren wird als Napoleons zweites Lieblingsgericht tradiert. Kastanienmehl gibt der Puleta, einer Spielart der italienischen Polenta, ihren aromatisch-sämigen Wohlgeschmack.

Puleta
Kastanienmehl sieben und in kochendes Salzwasser geben, kräftig rühren, dann bei schwacher Hitze unter ständigem Rühren 20 Minuten kochen lassen, bis die Masse schnittfest ist. Teig in einem bemehlten Tuch zu einer Kugel formen.

Korsisches Jägerfrühstück
Besteht aus gegrillten Figatelli,  würzigen groben Bratwürsten, Brocciu (herzhafter Molkenkäse aus Schafs- oder Ziegenmilch), in Olivenöl gerösteten Puletaschnitten und Spiegeleiern.

Lammgratin
Enthält Lammfleisch, Zwiebeln, Zucchini, Kartoffeln, Tomaten, Knoblauchzehen und einheimischem Schafs- und Ziegenfrischkäse. Thymian, Rosmarin, geröstete Pinienkerne, Salz, Pfeffer, Milch und Sahne runden das Geschmackserlebnis ab.

Kutteln in Weißwein
Gut gesäuberte Kutteln in Streifen schneiden und in einem Sud aus Weißwein, Zwiebeln, Wasser, Essig, Salz, Pfeffer Knoblauch und Kräutern sieden. Abgießen, Kräuter herausnehmen. Sud eindämpfen und mit Pastis, Wermut und Weißwein auffüllen, mit Perlzwiebeln und Pilzen anreichern und mit frischen mediterranen Kräutern bedecken.

Dorade_kk

Stufatu à la Chataigne
Gulasch aus Rindfleisch oder Wildschwein, Speck, Zwiebeln und Tomaten, mit Weißwein, Knoblauch und frischen Kastanien angereichert, mit inseltypischen Kräutern, Pfeffer und Muskat gewürzt. Schmeckt am besten gut durchgezogen.

Auch wenn Essen auf Korsika ein handfestes Vergnügen ist und die Korsen selbst keinen Wert auf Sterne-Köche legen, finden sich in Bonifacios und Ajaccios Auberges Könner,  die die heimische Küche auf eine raffiniertere und internationalere Ebene heben. Dann kommen Langusten-Frikassee mit Krebsravioli, Entenbrust mit Macchiagewürzen und Wildbeeren, Foie Gras mit Ingwermus, Seebarsch in Meersalzkruste auf Safranbutter oder Lamm-Carré mit Minzkartoffelschnee und in Wermut gedünsteten Artischockenböden auf den Tisch.

Aus dem Meer frisch in den Bräter

Als meerumflossene Insel bietet Korsika eine verlockende Auswahl an fangfrischem Fisch und Meeresfrüchten, wenn auch nicht ganz billig. Doch Languste, Oursin (Seeigel - roh oder im Omelett), Muschel, Meeraal, Auster, Dorade, Sardine und Rotbarbe sind allemal eine freudige Überraschung wert. Aus den Gewässern im Landesinneren springen Forelle und Aal in die Pfannen. Bei Banchettus werden bevorzugt Wolfsbarsch (Loup de Mer), Seezunge und St. Petersfisch aufgetischt, gegrillt, gebraten oder gedünstet mit landestypischen Gemüsen (Zucchini, Tomaten, Artischocken, Fenchel) und Kräutern. Die sämige Fischsuppe genießt man mit Reibkäse und Röstbrot.

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Aziminu - Korsische Fischsuppe
Aus Fischkarkassen, Zwiebeln, den Abschnitten von Fenchel, Bleichsellerie Lauch, Petersilie, Salbei sowie Salzwasser einen Fond herstellen, passieren. Grobe Zwiebelwürfel und gehackten Knoblauch in Olivenöl rösten, mit zwei, drei gewürftelten Kartoffeln in die Brühe geben, weiterköcheln lassen, dann Fenchel, Karotten, Bleichsellerie untermischen. Safranfäden unterheben, nach 10 weiteren Minuten Lottefilets und Seeal (geschnitten) und Rotbarbenfilets (ganz) dazugeben, danach folgen Salbei, Petersilie, Lauchringe und gehackte Tomaten. Kurz aufkochen, Topf vom Herd nehmen, mit Weißwein, Kräutern, Chilimus und frischem Pfeffer kräftig abschmecken.

Käse oder Dolce - das ist hier die Frage.

Obst - Mandarinen, Zitronen, Mandeln, Aprikosen -  gibt es reichlich, frisch vom Baum und kostengünstig. Die hochwertigen Ziegen- und Schafskäse Toma, Fetta, Brebis schmecken herzhaft und aromatisch, der beliebe Ziegenfrischkäse Brocciu ist auch gereift als "vieux brocciu" zu haben, er kommt in allerlei Spielarten vor, mit Minze, Anis oder Myrte, und findet sich auch als Füllung in Beigniers, Omeletts, Ravioli,  Lasagne, Maronencreme und Käsekuchen. Die herbwürzigen Kastanien- und Maronennoten der einheimischen Honigsorten veredeln Mehl- und Süßspeisen und machen sich in den "Gateaux corses", über die jede Bäckerei ein eigenes Rezept hütet, ganz ausgezeichnet. Tarte au citron und Maronenkrapfen sind ein Muss!

Torta Castagnina
Ein mächtiger Rührteigkuchen aus Nüssen, Mandeln, Pinienkernen, Rosinen, Eiern, Butter/Öl und Kastanienmehl (farine corsa).

Fiadone
Nachspeise aus passiertem Schafsfrischkäse, Orangenschale, Orangenlikör, Eischnee und Eigelb, in Backförmchen im vorgeheizten Ofen gebacken.

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O là là! Wein, Cap Corse und - Cola!

Ein gutes Mahl wird mit einem Anisschnaps beendet und mit einem gaumenschmeichelnden Aperitif eröffnet, am liebsten mit Cap Corse  (Capicorsu) - einer bitter-süßen Leckerei aus Muscat (15%-iger Dessertweißwein) und Chinarinde. Entwickelt hat ihn der Korse Louis Napoleon Mattei, als man im 2. Kaiserreich meinte, sich vor eingeschleppten Fieberkrankheiten schützen zu müssen. Aus der gleichen Destillerie stammen der Zitronenlikör Cedratine und der Liqueur de Myrte.

Auf über 80.000 ha Weinanbaufläche werden bei besten klimatischen und vorzüglichen Bodenbedingungen 30 repräsentative Rebsorten kultiviert. Auch international geschätzt sind hochwertige Weine wie Aleatico, Barbarossa, Bianco Gentile und Genovèse. Der Sciacccarellu betört mit einem Pfefferaroma, der Sangiovese mit Veilchen- und Mandelanklängen. Aus dem weißen Vermentinu schmeckt man Blüten, Mandel und Apfel.

Auch wenn Wein jede Mahlzeit begleitet, trifft man früher oder später auf einen Tropfen, der bekannt anmutet: Corsica Cola. Der korsische Chemiker Angelo Mariani erfand im Jahre 1870 mit seinem Vin Mariani - einem Auszug aus feinem Bordeaux-Wein und peruanischen Coca-Blättern - eine Einstiegsdroge für Genießer. Das berauschende Getränk mit dem bewusstseinsverändernden Effekt wurde in rauen Mengen vom russischen Zarenhof und vom Vatikan geordert. Anfang des 20. Jahrhunderts inspirierte es John Stith Pemberton aus dem amerikanischen Atlanta zu seinem späteren Welthit. 

Das heutige Corsica Cola ist harmloserer Natur: Es besteht aus Wasser, Limettensaft, Zucker, Zimt, Nelken- und Ingwerauszügen und stammt aus derselben Brauerei, aus der das korsische Petra-Bier (mit Kastaniengeschmack - was sonst!) fließt.

Et voilà - pace è salute! (Friede und Gesundheit - Trinkspruch der lingua corsa)

Text: S. J. Gruner

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