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Französische Klassiker (4): Coq au Vin

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Unser bester Hahn im Topf - Vom Poule au Pot zum Coq au Vin

Was hierzulande immer seltener auf dem Misthaufen sitzt und des Morgens sein "kikeriki" schmettert, thront in Frankreich als "coq gallois" [gallischer Hahn, das lateinische Wort "gallus" bedeutet gleichzeitig "Hahn" und "Gallier"] auf einem wahrhaft mythologisch und geschichtlich geprägten Sockel. "En France" kräht er in gepflegtem Französisch "cocorico" und zierte einst als Quasi-Wahrzeichen Frankreichs antike Münzen, Briefmarken, alte Stiche, Fahnen, Uniformknöpfen, Kriegerdenkmälern und vieles mehr. Bis heute ist er das inoffizielle Wappentier der Franzosen; ein dekorativer Geselle, den man oft auch als Symbol bei Sportveranstaltungen findet. Da die französische Verfassung nur die blau-weiß-rote Fahne kennt, muss der Franzose im Punkte "Ländertotem" improvisieren. Wenn andere Europäer stolz ihre Wappen und Embleme (König der Tiere und der Lüfte wie Löwe/Großbritannien oder Adler/Deutschland) zeigen, überbrückt der/-die Franzmann/-frau mit den Initialen der République Française "RF", mit Marianne, dem Hexagon oder eben dem Gallischen Hahn, immerhin König der Morgensonne und zahlreicher kulinarischer Genüsse. Unter den bekanntesten: le Coq au Vin!

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Les Bleu aiment le Blanc et le Rouge

Frankreich ist weltweit der wichtigste Hähnchenexporteur. Mehr als eine halbe Million Tonnen Hähnchenfleisch verlassen frisch oder tiefgefroren das Land und mindestens die zweite Hälfte wird in Frankreich selbst verzehrt. Für den Franzosen bedeutet das Hähnchen und das Hühnchen einfach alles: es ist "rassasiant, leger et economique" [sättigend, dennoch leicht und preisgünstig]. Das weiße Fleisch ist dicht [Le blanc est serré] und voller guter Proteine und Aminosäuren und einfach "indispensable à l’organisme" [unabkömmlich für den Organismus]. Le rouge est toujours plus gras [das rote Fleisch ist immer fetter] und mit oder ohne Haut verzehrt reich an Zink und  Kollagen, was im übrigen als echter Beautytipp, da gut für die Haut, gehandelt wird. Die Hühnchenhaut an sich macht 15-20% des Gewichtes aus und ist natürlich am fettesten, voll mit dem "beliebten" Naturstoff Cholesterin. "Mais tant pis: pour des recettes plus savoureuses il faut garder la peau." [Pech: für herzhafte und wohlschmeckende Gericht muss das Gericht MIT Haut zubereitet werden).

In Frankreich gibt es eine wahrhaft große Auswahl an Geflügelsorten, entsprechend ihrer Ursprungsregion unterschiedlich präsentiert. Man begegnet schlichtweg überall der kulinarischen Hühnerkultur und das mit allen Sinnen. Durchquert man nichts ahnend eine französische Einkaufsstrasse, wird man oft durch den überaus leckeren Geruch von Grillhähnchen, Knoblauch et „ses herbes“ [Kräuter] regelrecht betäubt und in die „boucherie de volaille“ gelockt. Denn die meisten Metzgereien und Feinkostläden bieten über die sogenannte „rôtisseries“ [vor dem Laden positionierte Grillstationen] ihr Geflügelsortiment feil.

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Wir wissen was dieser freundliche Boucher de Volaille empfiehlt ...

Schlendert man beispielsweise durch die bekannte Pariser Marktstrasse "la Mouffe", die "rue Mouffetard", ebenso eine der ältesten de la capitale française, stößt man gleich zu Anfang auf einen geräumigen Geflügelhändler. Spätestens hier entblößt sich vor dem bloßen Auge des Schlenderers die ganze Angebotspalette des Federviehs. Zahlreiche Sorten sind hier wie in heiligen Schreinen hinter den Glasvitrinen aufgebaut. Oft nichts für sensible Gemüter, denn die Beine und oft auch Köpfe der Tiere gehören mit zum appetitanregenden "décor du poulet" [Hühnerzierrat]. Schwarze Hühnerbeine stehen z.B. für rustikale, traditionell gezüchtete Genossen, dessen Fleisch saftig und aromatisch schmeckt, die Haut hingegen mager und delektabel. Auch ein langer "cou-nu" [nackter Hals] steht für Qualität.

Die Geflügelmetzger sind so geschäftig wie pragmatisch. "Le poulet vous savez c´est un peu comme le vin. La qualité est dépendante de la région, son sol et sa terre, les jours de soleil et une nourriture bien riche" [Mit den Hühnern ist es so ein bisschen wie mit dem Wein. Die Qualität des Huhnes hängt von der Region, dessen Boden und dessen Erde sowie der Sonneneinstrahlung ab und von dem, was das Huhn an reichhaltiger Nahrung frisst.] Quasi eine echte, erfahrungsgetränkte, kulinarische Wissenschaft.

Auf die Frage, seit wann er schon im Hühnergeschäft sei, antwortet "Monsieur le Boucher" (der übrigens schon in den, um die 70er Jahre herum skandalös abgerissenen alten Pariser Hallen stand)  strahlend und stolz wie seine Gockel :"Depuis toujours..." [seit immer schon ...]. Er empfiehlt in alten Kochbüchern zu stöbern und kramt "une vraie recette [echtes Rezept] du poulet" aus der Schublade "... et c´est bien simple à faire!“ [es ist richtig einfach zu machen!].

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Rezept du Boucher:

Le poulet aux 40 gousses d´ail [Hühnchen (Poularde) mit 40 Knoblauchzehen]
Vorbereitung: 15 Minuten!
Empfohlenes Kochgefäß: Bräter aus Gusseisen oder Römertopf

Gleich vorweg der heiße Tipp des Boucher: es reichen auch 30 Knoblauchzehen! Diese kommen ganz in den Schmortopf, werden dann hermetisch in der eigenen Schale mitgeschmort, bekommen dadurch einen süßlichen Geschmack und eine cremigen Konsistenz und werden dann bitteschön hauchzart auf frisches Baguette geschmiert. "Et en plus c´est le meilleur à faire pour votre santé!" [Und es ist sogar mit das Beste, was sie ihrer Gesundheit antun können.] Dem wollen wir einmal Glauben schenken. 

Ein Hähnchen oder eine Poularde (1,5 kg küchenfertig und immer abgespült und mit einem Küchenhandtuch trocken getupft) salzen, pfeffern. Achtung: in Deutschland werden die Innereien oft in kleinen Plastiktütchen in das Innere des Huhnes gestopft. Vorher entfernen! 4 Salbeiblätter und 4 Thymianzweige unter die Haut des Geflügels schieben oder mit einer Schere fein geschnitten dazu geben. Frische mediterrane Kräuter wie Thymian (vorzugsweise immer Zitronenthymian), Rosmarin, Basilikum, Oregano etc. in das Innere geben. Keulen mit Garn zusammenbinden. Poularde/Huhn in Öl rundherum in einem Gusseisentopf oder in einer Pfanne anbraten und separat den Römertopf ca. eine halbe Stunde in Wasser legen. Ca. 2-3 rosa Knoblauchknollen auseinanderbrechen und ca. 30 ganze, ungeschälte! Zehen um das Geflügel verteilen (bzw. es darauf betten). Im Schmor- oder Römertopf auf der 2. Einzugschubleiste 1,5 Stunden (bei dem bereits auf 200°/Gas3 /Umluft 175° vorgeheizten Ofen) schmoren.  Nach Belieben nach 45  Minuten ca. 8-10 Cocktailtomaten hinzugeben und die letzten 15-20 Minuten das Ganze offen mit Oberhitze etwas knusprig angrillen. Mit frischem Baguette und Kartoffeln (diese evt. vorkochen und 20 Minuten nach Öffnen des Deckels oben auf geben) oder Purée servieren.

Letzter Tipp vom Boucher: Empfehlenswert sei unbedingt auch, wenn die ganze Familie vom Knofihuhn esse ;-).

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Pintade aux flageolets [Perlhuhn mit glasierten Bohnenkernen]

Eine ähnliche, etwas herbere Rezept-Version: 50g getrocknete Steinpilze (mit 200ml Wasser bedecken und 1 Stunde einweichen). Perlhuhn (6 große Salbeiblätter unter die Haut schieben, salzen und pfeffern) goldgelb im Bräter anbraten. Eine ganze kleine Knoblauchzehe, 350g gepellte Schalotten und 6 El. Wasser dazugeben. Bei 180° (vorgeheizt/keine Umluft oder Gasstufe 3) eine Stunde braten (mit eigenem Saft beträufeln). 1 Dose (600g) Bohnenkerne in Butter andünsten, ca. 400 ml Madeira dazugeben und fast ganz einkochen. Die Steinpilze (+Quellwasser) und ca. 400ml Geflügelfond  dazugeben, salzen und im geschlossenen Topf ca. 40 Minuten sanft kochen. Am Schluss zum Perlhuhn geben und mit frischem Basilikum servieren (Beilagen wie oben).

Frankreichs Hähnchen sind die glücklichsten

Auf dem französischen "marché du poulet" gibt es eine regelrechte Gütesiegelphilosophie in Sachen Geflügelaufzucht (neben dem poulet z.B. auch für Puten oder Perlhühner). Das industriell, und weniger artgerecht gezüchtete "poulet standard" besitzt selbstredend eine eher mittelmäßige Qualität. Für die höhere, aber durchaus weit verbreitete Kategorie steht das sogenannte "Label Rouge" (seit 1965 vergeben) , das 100 Regionen, natürlich unter strikten Bestimmungen und Kontrollen, als Qualitätsprodukt zuerkannt wird. Um dieses Siegel zu erhalten, müssen fünf  Qualitäts-Kriterien im Segment Abstammung, Aufzucht, Futter, Alter und Endprodukt erfüllt sein. Kurz zusammengefasst bedeutet ein Huhn der Klasse A aufzuziehen, dass es auf einem Bauernhof als "poulet fermier", in einem maximalen 400 qm großen Tageslicht erhellten Stall mit Zugang zu einem natürlichen Auslauf "élévé en plein air ou en liberté" aufwächst, Futter aus 75% Getreideabstammung frisst, zwischen 81 und 110 Tagen sein Leben genießen darf und schließlich kochfertig 1,2-1,7 kg wiegen muss. Das Huhn sollte innerhalb von neun Tagen nach dem angegebenen Schlachtdatum verzehrt werden. Auf seinem Etikett können all diese Angaben dezidiert eingesehen werden. Jedes Tier kann somit offensichtlich bis zum Erzeuger zurückverfolgt werden. Dem Label Rouge verdanken viele Hühner ihr glückliches Leben und Frankreich sein hohes Qualitätsniveau.

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Des Guten Heinrichs Huhn im Topf oder vom Misthaufen in den Wein: Le Coq au Vin!

Wie kommt ein Roi [König] in die Casserole oder umgekehrt ein Hähnchen vom Mist als Festtagsbraten in den Wein? König ist er, denn er ist der Chef im Stall, er kündigt die Sonne an und sein stolzer Gesang hat die Macht Schlaf und Dämonen zu verscheuchen.
 
Immer wenn es festlich gedeckte Sonntagstische gibt, gibt es auch den Festtagsbraten "sur la table". Der "rôti festif" wurde aber zumeist vom Kalb, Schwein oder Rind zubereitet. Dass dieser aber durchaus "et simplement" [schlichtweg] auch ein "Huhn im Topf" sein durfte, entschied im 16.Jahrhundert ein großer "gallischer" Vorfahr. Denn der gaskonisch-französische König Henri IV (auch als Henri le Grand bekannt; geboren als Heinrich von Bourbon) gönnte seinen Untertanen als Dank für getane Arbeit am Sonntag ein leckeres "poule au pot" (sozusagen der offizielle Vorgänger des Coq au Vin). Vielleicht einer der Gründe, die ihm bis heute seinen Ruf als "einen von den guten Herrschern des royaume français" bescherte. Neben seiner kulinarischen "générosité" [Großzügigkeit] baute der "gute Heinrich" immerhin das von den Bürgerkriegen zerrüttete Frankreich wieder auf und formte die Grundlagen für den französischen Einheitsstaat und weit vieles mehr (an dieser Stelle gilt es in einem dicken Geschichtswälzer zu stöbern). 

Sowohl das "Poule au Pot" wie der "Coq au Vin" sind bis heute in fast jeder klassischen Bistrotküche auf den Menükarten zu finden.

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Das Ur-Rezept:
Poule au Pot - oder jedem am Sonntag sein Huhn

Eine vollständige Mahlzeit, die Heinrich selbst genoss. Denn vorneweg erwähnt sei: die Brühe, in der der Vogel gart, wird zum kräftigen Vorsüppchen und mit frischem Schnittlauch oder anderen Gartenkräutern schmeckt sie besonders lecker.
„La bonne poule au pot“ [Suppenhuhn] wird mit folgender „farce“ [Füllung] gefüllt: Eine  Masse aus feinen Würfeln aus 2 Scheiben Schinken, einer Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, einer Hühnerleber, 200g Weisbrotkrumen und einem Ei (Huhn mit Garn zubinden). Einen grossen, das Huhn umfassenden Topf mit Wasser füllen und das Huhn sowie grob gewürfeltes Gemüse (4 Möhren,  4 Porreestangen, 4 Kartoffeln, 1 Wirsing und 1 Zwiebel hinzugeben und ca. 3 Stunden köcheln lassen. Zwischenzeitlich eine Sauce aus jeweils sehr fein geschnittenen Cornichons (kleine französische, saure Gürkchen), 1 Schalotte, 1 hartgekochtes Ei, Öl, Essig, grobes Meersalz und frisch gemahlener Pfeffer verrühren. Das Huhn zerlegen und auf einer Platte mit dem Gemüse und der Sauce servieren. Empfohlen wird, zum einen für das Auge zum anderen für den knackigen Vitamingehalt einen Teil des Gemüses am Schluss zuzugeben und noch einmal leicht mitzugaren.

Frühlingsrezept : Poulet rôti aux légumes de printemps

Wer das Huhn in Kombination mit Gemüse doch geschmort und gegrillt wünscht findet gerade auch als leichten Start in den Frühling hier ein wunderbares Gericht. Frühlingsgemüse [légumes de printemps] wie Karotten, Fenchel, Frühlingszwiebeln, frischer Knoblauch, Lauch, Navetten (Rüben), Selleriestangen, Kohlrabi u.a. in groben bis, wenn noch ganz klein und frisch geerntet, ganzen Stücken mit 4 El. Olivenöl, zwei Gewürznelken und wenn möglich mit frischem Thymian vermengen und gesalzen und gepfeffert in den Schmortopf geben. Das ganze Hähnchen kurz rundherum anbraten, nach Geschmack würzen (Pfeffer, Salz, Paprika, Kräuter...) und auf das Gemüse legen. Im vorgeheizten Ofen (ca. 220°C (th.7) ca. 1 Stunde schmoren. Nach Belieben auch bei diesem Rezept einen Teil des Gemüses 15 Minuten vor Garzeitende extra dünsten und mit hochwertigem Olivenöl beträufelt am Schluss über das Huhn geben. Frische Extrakräuter sind ebenso herzlich willkommen.

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Enfin - der Rezeptklassiker: Coq au Vin

Eigentlich kommt der große Klassiker aus dem Burgund und wird natürlich bestenfalls mit einem kräftigen Burgunder Wein wie dem gängigen Pinot Noir oder einem Côte d´Or geschmort (sehr gut passt ebenso ein kräftiger Sizilianer Rotwein). Als "Coq au Riesling" wird das Gericht im Elsass serviert. Aber auch sanfter et "tout en rose" wird er im Jura als "Coq à la Jurassienne" mit Rosé begossen. Bitte eine Regel beherzigen: Auf keinen Fall einen billigen Kochwein verwenden! Ob nun wirklich unbedingt ein Hahn in den Schmorsud sollte, ist eher mit nein zu beantworten (siehe Schlusskapitel: Coq). Auch die weibliche Geflügelfraktion schmeckt in diesem, dem Hahn im Korb gewidmeten Gericht lecker und saftig.

"Le secret d´abord" [Das Geheimnis zuerst]: Am besten schmeckt das Gericht, wenn  das gewählte Geflügel 24 – sogar 48 Stunden mariniert und später zwei mal geschmort wird. Für den Sonntagsbraten bedeutet das, am besten donnerstags mit den entsprechenden Vorbereitungen zu beginnen. Das gute Tier, ob Hahn, Huhn oder Perlhuhn wird in seine Bestandteile zerlegt: Ob Cuisses, Pilons, Haute de Cuisses, Ailerons ou Aiguillettes ... Hauptsache jede Person darf ca. 2 Teile genießen (Ein Geflügeltier à 3,5 kg kann bis zu 8 Personen ernähren). Aber an dieser Stelle sollte das Bedürfnis nach Nachschlag bedacht werden, den dieses deliziöse Mahl mit sich bringt.
 

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Die Marinade stellt man aus einem Gemisch aus Suppengemüse oder aber auch nur Möhren (ca. 500g), Kräuter der Provence (v. a. viel Thymian), ca. 5 geviertelte Zwiebeln, Knoblauch und 2 Flaschen kräftigen (Burgunder-)Rotwein her. (Luxusvariante: 100ml Marc de Bourgogne dazugeben). Salzen, pfeffern und bis zu 48 Stunden (mindestens aber 24 Stunden) marinieren. Fleischstücke herausnehmen, moderat in Mehl wenden und mindesten 12 Minuten in einer Pfanne kross bräunen. Effekt: Knusprigkeit, Saftigkeit und Sämigkeit. Statt Mehl kann man das Fleisch auch mit Senf, z.B. Burgunder Dijonsenf, einreiben. Das schließt ebenso die Poren, das Geflügel bleibt saftig und die Sauce verliert weniger an Farbe. Gemüse ebenfalls abtropfen. Marinade zum Kochen bringen und ggf. durch ein Sieb passieren. Gemüse in einem Bräter anbraten und mit 1 EL Kakaopulver bestäuben, Fleisch und Marinade dazugeben und im vorgeheizten Ofen ca. 2-3 Stunden schmoren lassen. Statt Kartoffeln kann man z.B. auch dicke Nudeln wie Makkaroni oder einen lockeren Couscous servieren. Pilze und Speck separat kross anbraten und extra über das Gericht streuen.

Tipp: Farbe und Cremigkeit der Rotweinsauce können erhöht werden, in dem man diese noch einmal extra und mit viel Feingefühl mit zwei geschlagenen Eigelb und ein bisschen Wein andickt.   

Luxusvariante: graue Burgund Trüffel darüber streuen. Geduldige Fachleute halbieren die Garzeit in à 1,5 Stunden. Wichtig ist, dass eine Abkühlzeit von ein paar Stunden oder einer ganzen Nacht dazwischen liegt bevor Schmorphase 2 angesetzt wird. Die Erfahrungswerte köcheln mit im Topf und machen das Gericht zu einem Meisterstück der französischen Kochklassiker.

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Exkurs: Die netten Stall-Kollegen - kleines geflügeltes Glossar

Poulet (Bio)- Hähnchen und Biohuhn

Das kostengünstigste und zugleich meiste Fleisch beim Geflügel liefert das Standard-Hähnchen. Als Freilandgeflügel (siehe Label Rouge) wird dem Verbraucher dank strikter Bestimmungen und Kontrollen hohe Qualität garantiert. Die beste Qualität kommt aus den einzelnen Regionen Bresse, Houdan, Challans und früher aus Touraine (Fast vergessen: Géline). Gute Qualität findet man regional in Gers, Janze, Landes und  Loue. Darunter auch "les jaunes" (gelbe Hühner mit Mais gefüttert; festes geschmacklich verfeinertes Fleisch). Wie bei uns werden die Biohühner artgerecht gehalten und ausschließlich mit biologisch angebautem Getreide und Zufutter ernährt. Coquelet ist eine weitere Bezeichnung und betitelt das Brathähnchen.

Das Beste: Volailles de Bresse

Das feinste Huhn von allen ist das Bresse Huhn. (höchste Qualitätskategorie AOC; Appellation d´Origine Contrôlée = bescheinigte Herkunftsbezeichnung) /einmalig vergeben). Bresse = Bleu-Blanc-Rouge: blaue Füße, weißes Federkleid und roter Kamm. So wird das Bresse –Huhn als ehrenvollster Vertreter der Hühner- und Hähnchengattungen oft nicht nur dargestellt. Ein echtes Bresse-Huhn hat wie vom Züchter beschrieben wie folgt auszusehen: schneeweißes Gefieder; einschließlich der langen Kragenfedern, schlanke, glatte, blaue Beine und einen einfachen roten Kamm mit großen Auszackungen, rote Kinnlappen, weiße oder rotgesprenkelte Wangenflecken, Haut und Fleisch sind weiß. Unten am Hals sowie über einen Fußring trägt es das dreifarbige Siegel mit dem Namen und Vornamen oder dem Firmennamen des Aufzüchters.

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In der Region Bresse (Département RHONE-ALPES, BURGUND und FRANCHE-COMTE) werden die Hühner (Masthuhn(w) und Kapaune (m)) wie ein alternder Cognac verehrt und wie "des enfants gatés" [verwöhnte Kinder] versorgt. Man rechnet 10 qm Raum und fruchtbare Erde pro Kamm und füttert mit einem speziellen, sehr nahrhaften Korn. Das Ergebnis ist das zarteste und schmackhafteste Fleisch, sowie ein stolzer Preis (15 € das Kilo / es gibt ca. 15 offizielle Bresse-Händler). Vorzugsweise sollte es im Ganzen in der Cocotte oder im Ofen kredenzt werden. Und der Geschmack: saftig, durchwachsen, herrlich! Spezialität der Region: Poulet (oder auch als Fricassée) à la Crème (Sahnehuhn). Hierbei wird das zerlegte Hähnchen Stück für Stück in Butter angebraten und in Weißwein und Wasser geschmort. Pilze und Zwiebeln in Zucker glasiert und später alles noch einmal ordentlich mit Crème fraîche angedickt und vorsichtig eingekocht.

Coq - Hahn

Monsieur le Coq findet man natürlich vordergründig in Form des Rezeptklassikers "Coq au Vin" in den  französischen Menükarten. Selten handelt es sich dabei um einen echten Hahn, sondern um ein Huhn, was nicht schlecht sein muß. Der gerade geschlechtsreife Jüngling des Hühnerhofs bringt mehr Biss, Geschmack und mit 2-3 kg mehr Fleisch auf den Teller.
Der Hahn muss älter als ein Jahr sein und  bereits seine "Hahnenpflicht" erfüllt haben, um "in den Topf zu dürfen". Er wird lange in "Vin rouge, blanc et jaune" gekocht, um sein doch eher zähes Fleisch zart zu kochen. Empfohlen wird den Hahn immer bereits zerteilt zu kaufen.  Aber mal wieder den Realitäten ins Auge geblickt sei verraten, dass man doch zumeist ein Huhn oder Perlhuhn [pintade], z.B. aus den Wäldern der Sologne, im Wein genießt.

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Pintade - Perlhuhn

Das ursprünglich aus Afrika stammende Perlhuhn wird in Frankreich schon seit Jahrhunderten gehalten. Aufgrund seines Wildcharakters wird es gerne in deftigen Gerichten gegessen. TIPP: Das Fleisch ist tendenziell trocken: mit Speck umwickelt bleibt es saftig, aber auch lange in Wein mariniert kann es als Coq au Vin zubereitet werden.

Poularde - Masthuhn

Das junge Masthuhn wird nur wenige Wochen später zum Verzehr freigegeben als das Poulet. Bei der Fütterung bevorzugt behandelt, bringt es an die 2,5 kg auf die Waage. Sein sehr zartes und delikates Fleisch rechtfertigt die Verarbeitung als Festtagsbraten.
Bereits als die Pariser Hallen noch standen, war die "Poularde de Houdan" einst das berühmteste Masthuhn der Pariser Region. Auffällig ist sein eigenartiger Schmuck: eine große Halskrause schmückt seinen Kopf.  Sein dunkles, intensiv schmeckendes Fleisch erfährt seit Kurzem eine Renaissance.

Dinde - Pute 

Die Pute folgt dem Poulet dicht in der Kategorie des Massenkonsums und – exports (meistens als tiefgefrorene Teilstücke, die als günstiges, mageres und unproblematisches Portionsfleisch gehandhabt werden). Eigentlich kommt die Pute bzw. der Puter/ Truthahn aus Amerika und ist weltweit ein beliebter Festtagsbraten.
Zum Abschluss sei gesagt, dass hier v.a. die Rezeptklassiker aufgeführt wurden. Delikate Rezepte zur ehrenvollen Zubereitung unsere gefiederten Freunde gibt es so zahlreich wie es glückliche Hühner in Frankreich gibt. Ein Dankeschön an all diese kleinen, treuen Lebewesen, vor allem diejenigen, die nicht das Glück einer "Label Rouge-Vitae" aufweisen dürfen.

Als letzte Huldigung an den blau-weiss-roten Hahn soll hier der berühmte Komiker Coluche zitiert werden: "Dem Coq gilt ein besonderer Respekt, denn er ist der einzige, der auch wenn er mitten im Mist steht weiter singt".

In diesem Sinne: ein fröhliches Cocorico et comme d´habitude un bon appétit.


Text und Bilder (außer 8): Anke Sademann / KochForm

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