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Die genüsslichen Teegewohnheiten Britanniens

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Royal, High, 5 o’clock oder Low tea?

Wir lieben sie, die individualistischen und leicht skurrilen britischen Charaktere, die uns einen subtilen Humor vorführen, den wir Krauts bei allem Bemühen nicht adoptieren könnten. Macht es der Nebel in Londons Straßen, der von der Themse hochsteigt? Haben hochprozentige Spezialitäten wie Gin und Whiskey ihre Flaschenhälse im Spiel? Oder liegt es einfach im britischen National-Gen? Wie auch immer – wir beneiden sie um ihren eigenwilligen, mit Pokerface zelebrierten Snobismus, ihre coolen Gardenparties, um die Last Nights of the Proms, Champagnerpicknicks in Glyndebourne und die nicht weniger charmanten Teerituale.

Royale Ereignisse in Großbritannien lassen auch bei uns kein Auge trocknen, und was gäben wir um einen kleinen Abglanz hierzulande – schließlich befindet sich ein noch jugendlicher preußischer Thronprätendent in Wartestellung. So verwundert nicht, dass auch die britische Teekultur nicht ohne „Pomp and Circumstances“ auskommt. Feste Regeln und teuflisch delikate kleine Schweinereien, vorzugsweise dreieckige, köstlich gefüllte Sandwiches harmonieren vorzüglich mit kräftigen Schwarztees.

Der klassische Afternoon Tea – eine veritable Mahlzeit - besteht aus Savouries als erstem Gang, gefolgt von Teegebäck (Shortbread, Pies, Fruitbreads, Tarts, Scones) und Sweets (Confiserie, getrocknete und kandierte Früchte).

Englische Tea-Savouries*

Sardellen-Sandwiches

  • Abgetropfte und entfettete Sardellenfilets klein schneiden, mit weicher Butter, gehackten Kräutern, Zitronensaft, rosa und schwarzem frisch geschrotetem Pfeffer vermengen.
  • Auf getoastete Weißbrotscheiben streichen, zuklappen, in handliche Vierecke schneiden.

Lachs-Sandwiches

  • Weiche Butter und Frischkäse mit gehacktem Stremellachs und hartem Eigelb, Limettensaft, Muskatnuss, Pfeffer, Prise Wasabi, Dillspitzen oder Kresse vermischen.
  • Auf Toastscheiben streichen, mit einer zweiten als Deckel zuklappen, leicht andrücken, die Rinde abschneiden und in Dreiecken zwischen Klarsichtfolie kühl stellen.
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Ham Scones

Eine kulinarische Allzweckwaffe - auch zum Apéro und Sektempfang:

Wir brauchen:

180 g Weizenmehl, 2 TL Backpulver (phosphatfrei), jeweils ½ TL Salz, Cayennepfeffer, Senfpulver, etwas schwarzen Pfeffer, 25 g kalte Butterstückchen, 40 g geriebenen Parmesan, 50 g Rohschinkenwürfelchen, 1 Ei, etwas Milch.

Und so geht’s:

  • Mehl, Backpulver, Salz, Senfpulver, Pfeffer gemischt mit den kalten Butterwürfelchen krümelig reiben, bis die Masse wie Reibkäse wirkt. Ei mit etwas Milch verquirlt zusammen mit dem Ham zufügen, zu einem weichen Teig kneten.
  • Teig 1 cm dick ausrollen, Kreise ausstechen, auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen. Bei etwa 200 Grad ca. 12-14 Minuten hellbraun aufbacken.
  • Variation: Lauchringe, Kaviarkrümel, getrocknete Tomaten oder Olivenachtel statt Schinken.

Käsestangen

Der Nationalkäse Cheddar sorgt für die Delikatesse dieser Cheese Straws :

Wir benötigen:

75 g Weizenmehl, Prise Salz, Pfeffer, 40 g kalte Butterwürfel, 40 g geriebenen Cheddar, Prise Kümmel & Rosenpaprika (alternativ Safran), 1 Ei, feinen Senf, 1 Eigelb.

Und so geht’s:

  • Mehl, Salz, Pfeffer vermengen, mit den Butterwürfeln krümelig reiben. Mit Käse, verquirltem Ei, Senf zu einem glatten Teig kneten.
  • Teig 5 mm dick rechteckig ausrollen. Ca. 15 cm lange/1 cm breite Streifen schneiden, auf ein gefettetes Blech legen, mit verquirltem Eigelb bestreichen und mit etwas Kümmel und/oder Rosenpaprika (Safran) bestäuben. Bei 180 Grad 12 Minuten backen. Warm genießen. Ergibt 10-12 Stück.

*Originalrezepte in Tamara Hänggli, Afternoon Tea, FONA.

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Bei einer Teeeinladung bedienen sich die Gäste von Etageren, auf denen sich Gurken-, Tomaten-, Eier-Kresse-, Paté- und Schinkensandwiches, Sausage Rolls und Lauch-Cheddar-Tarts drängeln.

Zum Tee bei Lord & Lady Hesketh-Fortescue auf North Cothelstone Hall

Englands Nationalgetränk ist nicht in den subtropischen Kolonien entdeckt worden, sondern wurde von der portugiesischen Infantin Katharina Henrietta bei ihrer Heirat mit Karl II in das englische Herrscherhaus „eingeschleppt“. Der Virus verbreitete sich in der englischen Oberschicht rasend schnell, zumal sich Queen Anne in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts für das anregende Getränk stark machte und dafür auf das bis dahin übliche Frühstücksbier verzichtete. Nach 1750 gründeten sich die ersten Teagarden, zu denen – anders als im Kaffeehaus – endlich auch Frauen Zutritt hatten - Der Beginn des „Tanztees“, der sich noch heute vorzugsweise in den Salons von Kurhotels tapfer behauptet.

Britische Auswanderer brachten den Tee über den Atlantik, und einen politischen Einfluss gewann er bei der Boston Tea Party, die bekanntlich eine nicht unwesentliche Rolle beim Weg Amerikas in die Unabhängigkeit spielte. Als 1783 die hohen Teesteuern gesenkt wurden, brühten sich nun auch ärmere Schichten ihren täglichen Tee auf, und spätestens als eine Hofdame von Queen Victoria sich die nachmittägliche Sitte der Teatime zu Eigen machte, war Tee als Nationalgetränk und Symbol englischer Lebensart  institutionalisiert.

Dabei kann man nicht unbedingt sagen, dass Briten besonders viel Wert auf die Qualität der Teeblätter legen – vermutlich wird in keinem anderen Land so viel Tee aus .. nun ja – Teebeuteln (!) aufgebrüht wie in England. Hinter China und Irland rangiert das Vereinigte Königreich mit 3,5 kg Tee pro Kopf auf Platz drei der Weltrangliste. Lag der Schwerpunkt zur Kolonialzeit noch auf dem Import aus Indien, liefert den größten Teil der Teeblätter heute Afrika.

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Herbe, kräftige Sorten aus Assam und rot-goldene aus Ceylon, die sich gut mit Milch vertragen, und körperreiche runde Sommerdarjeelings des Second Flush haben die blumig-zarten Flavours verdrängt. Der berühmte Earl Grey (mit dem pikanten Bergamotte-Touch) hält sich mit Mutationen wie Lady Grey, Princess Grey, Royal Earl Grey, Earl Grey Noble, die zwischen Lavendel, Pomeranze und Zitrus changieren, als Dauergast in allen englischen Tassen.  Besser: in den Keramikbechern, denn das feine hauchdünne China wird nur zu besonderen Teeanlässen aus der Vitrine geholt.

So trinkt sich England durch den Tag

Der tägliche Konsum beginnt mit dem early morning tea und endet erst mit dem Betthupferl-Tee nach dem Abendessen. Im 19. Jahrhundert wetterten Politiker gegen den Tee als die ausufernden Teepausen der Werktätigen die Arbeitsleistung zu beschränken drohten. Teerunden kennen keine sozialen Schranken und vereinen mit dem Builders’ tea der Bauarbeiter, dem elevenses der Banker, der Teepause um 11, dem afternoon oder 5’oclock tea der Clerks alle Klassen im friedlichen Teesippen .. same procedure as every day, James.

Der klassische Afternoon Tea bringt sich zwischen 15 und 18 Uhr in Szene. Früher Low Tea genannt, weil er im Salon am niedrigen Teetisch eingenommen wird. Der High Tea entspricht einer eigenständigen Mahlzeit, nachdem im 18. Jahrhundert Arbeiterfamilien begannen, den Nachmittagstee-Imbiss als Abendessen an einem hohen Esstisch zu begehen. Er vereint herzhafte und süße Zutaten, während der Cream Tea sich auf Scones mit Clotted Cream und Erdbeermarmelade konzentriert. Wird dazu ein Glas Champagner, Sherry oder ein Cocktail gereicht, verdient die Teestunde den Ehrentitel Royal Tea, während beim Reception Tea der Sekt durch Tee (an Stehtischen genossen) ersetzt wird.Natürlich geht es auch hier nicht ohne feine Leckereien ab.

Lemoncurd Tarts

Fruchtig-erfrischend! Vorgebackene Törtchen aus einem aus Puderzucker, Butter, Salz, Weißmehl, Ei und Milch erstellten Mürbteig werden mit Lemoncurd gefüllt (geschmolzene Butter mit Zitronensaft, Zucker, Zitronenabrieb, Ei, Spritzer Gin im Wasserbad zu einer sämigen Creme gerührt) und mit Zitronenstreifen garniert. Lemoncurd gibt’s auch fertig neben der Orangenmarmelade im gutsortierten Handel.

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Fruitcake

Oder auch Plumcake, obwohl in seinem Inneren keine Pflaumen, sondern Rosinen, Sultaningen, kandierte Kirschen und Zitronat gebunkert sind. Eine moderne Spielart mariniert getrocknete Korinthen, Aprikosen, Cranberries, Orangeat und Zitronat in Whisky und rührt sie in eine luftige Masse aus gesalzener Butter, gehackten Mandeln, Puderzucker, Eiern und Mehl. Noch warm wird er mit weiterem Whiskey beträufelt. Er hält sich Wochen lang, vor allem wenn die „Whiskey-Kur“ mehrmals wiederholt wird.

Der leichtere Walnut-Coffee-Cake verlockt mit gerösteten Walnüssen, Eiern, gesalzener Butter, Zucker, Milch, Espressopulver, Backpulver und Weißmehl. Vor dem Servieren mit Puderzucker bestäuben und mit glasierten Nüssen verzieren.

Gingerbread – nicht nur zur Weihnachtszeit

Wir benötigen:

225 g Weizenmehl, 1 TL Backpulver, 2 TL Ingwerpulver, 1 cm geriebene frische Ingwerwurzel, Prise Salz, 50 g Rohrohrzucker, 100 g flüssiger Honig, 1 Bio-Zitrone, 75 g gesalzene Butter.

Und so geht’s:

  • Mehl, Backpulver, Ingwer, Salz mischen.
  • Zucker, Honig, Zitronenzesten (aus der Schale) langsam erwärmen, rühren, bis sich der Zucker gelöst hat, Butter darin schmelzen lassen, Zitronensaft einrühren. Mehlmischung löffelweise zufügen, immer wieder rühren. Teig per Hand kneten.
  • Auf bemehlter Fläche ausrollen, Formen ausstechen, auf ein gefettetes Blech legen. Im auf 200 Grad vorgeheizten Ofen 15 Minuten backen. Abgekühlt glasieren.
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Wollen England-Besucher die englische Teezeremonie in Reinkultur erleben, erweisen sie den goldverschnörkelten Teesalons der Londoner Luxushotels Ritz,Dorchester oder Athanaeum oder der weltberühmten Edelkaufhäuser Harrods oder Fortnam & Mason die Ehre. In Gesellschaft von Kerzen, Kronleuchtern, Säulenmarmor, erlesenem Porzellan, Silberzeug und feinem Tuch, dezenter Klaviermusik und schwarz befrackten Oberkellnern erlebt man britische Lebensart versunkener Epochen hautnah und authentisch. Dabei wetteifern alle Tearooms des Landes um den „Top-Tea-Prize“, den der „British Tea Counsil“ zur Bewahrung  britischer Teekultur nach strengen Prüfkriterien jährlich vergibt.

Als die Comic-Römer London belagerten, schickte die damalige englische Queen ihren Gesandten Teafax in das bekannte Dorf in Gallien, um sich von den listigen Römer-Antipoden („Die spinnen ja, die Römer!“) Kniffe abzuschauen. Als Asterix und Obelix mit einem großen Fass Zaubertrank aus der Bretagne über den Kanal nach Britannien vordrangen, mokierten sie sich über Menschen, die „heißes Wasser“ tranken – kleine Spitzen über das traditionell gespannte Verhältnis zwischen Briten und Franzosen inklusive.

Teezubereitung in Großbritannien heute:

1. Frisches Wasser im Wasserkessel erhitzen. Teekanne heiß ausspülen.

2.Teeblätter (1 TL pro Tasse und „one for the pot“) oder Teebeutel in die Kanne geben, mit sprudelnd siedendem Wasser überbrühen, dort belassen.

3. Da der Tee beim Ziehen immer stärker wird, wird sukzessive heißes Wasser nachgegossen.

4. Soll er nur 3-5 Minuten ziehen, durchsieben und zurück in die Kanne.

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5. Kein Stövchen (Teelicht verändert das Aroma), sondern eine Kannen-Haube verwenden.

6. Milchzugabe macht das kraftvolle Getränk sanfter, sorgt aber auch für eine Streitfrage – Was kommt zuerst in die Tasse, Tee oder Milch?

7. Noch vor ein paar Jahrzehnten galt es als gute Erziehung, sich zur Teatime umzuziehen. Heute wird dies nicht mehr als notwendig angesehen, außer in elitären Kreisen.

Die absoluten No-Go*s beim britischen Teeritual:

  • Als Gast wartet man ab, bis der Gastgeber (idealerweise der Butler J) die Tasse füllt. Niemals selbst nachgießen!
  • Nicht schlürfen! Kleine Schlückchen nehmen.
  • Essbares mit der Hand genießen. Scones nicht schneiden, nur brechen.
  • Klirren beim Umrühren ist unangebracht.
  • Rauchen geht gar nicht!
  • Beim Trinken den Henkel der Tasse nur mit Daumen und Zeigefinger halten – und die Tasse mitsamt der Untertasse in die Höhe des Kinns heben. Ein kleines Abenteuer für Beginner.

Exkurs: Kein Ostfriesen-Witz, sondern ein Habitus, an den man sich gewöhnen könnte

Das Äquivalent hierzulande ist die ostfriesische Teekultur an der Küste. Auch hier ist die Teetied weniger zum Durstlöschen gedacht (Auch wenn kaum etwas anderes besser tut bei Sommerhitze). Die Teestunde ist die angenehme Unterbrechung des Tagesablaufs, die  Distanz zum Alltagsgeschehen schafft. 300 L Teegenuss im Jahresdurchschnitt macht den Ostfriesen zum nationalen Tee-Champion.

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Und worauf pocht der Ostfriese?

  • Ein “Echter Ostfriesentee“ – vorwiegend aus Assam-Blends – muss in Ostfriesland gemischt worden sein.
  • Ostfriesischer Sonntagstee“ toppt die Werktagmischung mit einem Hauch Vanille.
  • Getrunken wird aus dünnen Porzellan-Teeschalen, die vorzugsweise mit dem Ostfriesen-Rosen-Motiv geschmückt sind.
  • Heißer Tee lässt die Kluntjes (Kandisstücke) in der Tasse „flüstern“. Umgerührt wird nicht. Schlürfen erlaubt.
  • Mit einem gebogenen Löffelchen wird Sahne geschöpft und so in den Tee geschmeichelt, dass ein „Wulkje“, ein Wölkchen, entsteht.
  • Das Ostfriesen-Glück ist perfekt, wenn sich Ingwerkeks und Knüppeltorte dazu gesellen.

Ostfriesische Knüppeltorte

Wir benötigen

500 g Mehl, 300 g flüssige Butter, 3 Eier, 20 g Zucker, 250 ml Rosenwasser, Nelkenpulver, 125 g gestiftete Mandeln, 125 gehacktes Zitronat & 50 g Orangeat, Zitronenabrieb, Spritzer Rum, Öl zum Ausbacken

Und so geht’s:

  • Mehl, Butter und Eier zu einem festen Mürbeteig verkneten.
  • Kleine Kugeln formen. In Öl goldgelb ausbacken.
  • Zucker mit dem Rosenwasser aufkochen, köchelnd klären. Mandeln, Orangeat, Zitronenabrieb, Nelke, Rum einmischen, erneut aufkochen.
  • Die entstandene Masse mit den gebackenen Kugeln mischen, alles in eine ausgelegte Kastenform füllen, backen, mit Papier bedeckt mindestens 24 Stunden ruhen und auskristallisieren lassen.
  • Vor dem Verzehr in dünne Scheiben schneiden. Lange haltbar!

Enjoy your tea!

Text: Sigrid Jo Gruner/MissWord!

 

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